Der Malspiel-Spielende ist keinem Urteil, keinem Ziel, keiner Aufgabe und keinem Vergleich ausgesetzt. Unvergleichlich zu sein bedeutet sich seiner Fähigkeiten bewußt zu sein.“

Arno Stern


Das Malspiel

 

Die namengebende Philosophie des Malortes ist, dass das Malen für Kinder ein Spiel ist. Ein Spiel in all seiner wunderbaren Einfachheit und Vollkommenheit. Peter Gray, Professor für Entwicklungspsychologie, definiert „Spiel“ folgendermaßen: „Spiel ist ernst und unernst zugleich, es ist belanglos und tiefgehend, es ist sowohl fantasievoll und spontan, als auch durch Regeln begrenzt und in die Wirklichkeit verankert. Spiel ist vor allen Dingen ein Ausdruck von Freiheit. Es ist das, was man tun möchte – nicht das, was man tun muss.“

Was das Spiel auszeichnet, ist die Abwesenheit eines Erzeugnisses. Wichtig ist allein das Erleben im Augenblick. Und hier zeigt sich der entscheidende Unterschied zu dem, was Kinder im Allgemeinen erleben, wenn sie im Kindergarten oder in der Schule „an das Malen heran geführt werden“. Aus Spiel wird Ernst, aus Malen wird ein Akt künstlerischer Schöpfung. Darauf ausgerichtet, am Ende ein mehr oder weniger naturgetreues Abbild geschaffen zu haben. Die Bilder werden gelobt oder kritisiert, betrachtet und präsentiert. Das Ergebnis hat Vorrang vor dem Erlebnis, das Ergebnis kann geglückt oder gescheitert sein. Arno Stern sagt hierzu: „Glaubt wohl jemand, dass diese grobe Einmischung in des Kindes Spiel förderlich sei? Sie zwingt das Kind zum Vorspielen!

Aber Menschen, die im Malort malen, werden nicht künstlerisch tätig, sie spielen. Deshalb gibt es im Malort auch keine Konkurrenz und keine Angst vor einem möglichen Scheitern. Es gibt keine Aufgabe, die zur Zufriedenheit eines Anderen erledigt werden muss.

Wichtig ist auch, dass kein vorzeigbares Kunstwerk entsteht, das zum Zweck der Kommunikation geschaffen wird. Wir leben heute in einer Welt der Bilderfluten. Mehr denn je dient jedes Bild dem Transport eines Inhaltes, einer Nachricht. Hierdurch unterwirft es sich den Erwartungen und der Kritik seiner Betrachter.

Immer wieder begegnet das malende Kind diesem Teufelskreis, es richtig machen zu wollen, die an es gestellten Erwartungen zu erfüllen und gleichzeitig Angst vor Versagen zu haben. Denn sein Bild ist ständig fragenden Blicken und Kommentaren, Verurteilungen und Beurteilungen ausgesetzt.

Dies beeinflusst selbstverständlich den Schaffensprozess und führt, spätestens nach der Grundschule, allzu häufig zu der Meinung „Ich kann nicht malen.“ Aus diesem Grund verbleiben die im Malspiel entstandenen Bilder im Malort. Sie werden dort sorgfältig gesammelt und archiviert. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich andere einmischen und dann wäre das Malspiel „nie wieder wie zuvor. Die Gesellschaft hätte die malspielende Person dann ihrer eigenen Spur enteignet. Enteignend ist jener Kreislauf aus Lob, Erwartung und Kritik.“ (Arno Stern)

Eltern können sich jedoch, nach Absprache mit dem Kind, die Bilder zu einem gesondert vereinbarten Termin und in Abwesenheit der Kinder ansehen.

  Im Malort erfährt das Kind, dass es selbst ein spielendes Kind sein darf.“

Arno Stern

Wenn Arno Stern von Kindern spricht, so meint er damit nicht nur Menschen im Alter bis etwa zwölf Jahre, sondern das Kind in jedem von uns. Und er betont, dass das Erlebnis der Formulation allen Menschen zugänglich und zuträglich ist, unabhängig von Alter oder Herkunft.

Fest steht, dass so manches Empfinden und Erleben, das einem Kind gut tut,  auch uns Erwachsenen gut tun würde. Peter Gray schreibt zum Spiel: „Im Spiel lernt das Kind die Welt zu gestalten und nicht nur passiv auf sie zu reagieren.“